Dienstag, 30. April 2013

Ein kleines Gedichtchen über Gewissheit

Zu Hause, hier, zu Hause, hier,
dein Hirn wie ein verwirrtes Tier.
Es kann nicht aufhörn dran zu denken,
kann sich nicht ganz im Hier versenken.

Mal gehts dir schlecht, du wärst gern dort
und bleibst ja doch an diesem Ort.
Das Glück daran - gilts zu versteh'n -
nach Hause kannst du immer geh'n.

Mittwoch, 17. April 2013

Neuerungen im Projekt und Urlaub mit meiner Familie

Seit der ersten reunión (Mitarbeiterversammlung) des Jahres im März hat sich für uns Freiwillige im Arcangel Gabriel einiges geändert.

Abgesehen davon, dass für 2 Monate die Mitfreiwillige Johanna bei uns im Projekt hilft, bieten wir endlich selbst talleres (Workshops) an. Mittwochs mache ich mit den Kindern von morgens manualidades (Handarbeiten). Meistens machen wir dann macramé (Armbänder etc. knüpfen), heute haben wir aber zum Beispiel aus Saftkartons Spardosen und Geldbeutel gemacht.
Mit den Jugendlichen haben wir einen Theater taller angefangen. Genauso mit den Mittleren. Die Jugendlichen sind natürlich nicht ganz so begeistert bei der Sache und finden vieles eher uncool. Die Mittleren stehen aber total darauf. Sie haben noch das kindliche Können in andere Welten abzutauchen und zusammen Vater-Mutter-Kind oder "Im Krankenhaus" zu spielen. Sie improvisieren wie Profis, aber vor allem mit noch viel mehr Spaß.
Donnerstags mache ich mit den Kleinsten Armbänder. Sie haben bis zur Hälfte ihres Bandes Spaß und sind dann schnell gelangweilt. Meistens werden aus den Armbändern dann Ringe - aus Unlust. Aber das ist nicht schlimm. Es ist auf jeden Fall gut für die Motorik der Kinder. Vor allem der Kleinsten (6 Jahre) tut es als Übung gut.

So haben wir im Projekt jetzt also endlich etwas Verantwortung und fühlen uns vor allem etwas nützlicher.

Außerdem war ich mit meinen Eltern im Urlaub. Dort haben wir festgestellt wie unterschiedlich dieses Land an den verschiedensten Stellen ist.

Im März sind meine Mutter und meine Schwester angekommen, wir haben einige Tage in Buenos Aires verbracht, als mein Vater eine Woche später ankam sind sie mit mir ins Projekt gekommen und dann sind wir los um Argentinien zu erkunden.
Mit dem Auto sind wir hoch in den Norden nach Missiones gefahren. Um dort hinzukommen muss man durch die Provinzen Entre Rios und Corrientes fahren. Das war zwar anstrengend und hat auch einige Tage gedauert, aber man hat wirklich viel vom Land gesehen. Die Wasserfälle in Iguazu waren dann einfach unglaublich. Solche Wassermassen, die einfach so in ein riesiges Loch fallen.

Nach einer Woche mit nur gutem Wtter sind wir in den Süden nach Patagonien geflogen um dort dem einzigen noch wachsenden Gletscher beim Kalben zuzusehen und eine weitere Woche mit Sonnenschein zu erleben.

Nach einem Zwischenstopp in Buenos Aires zum Koffer umpacken und schlafen gings weiter nach Salta, die Berg- und Weinprovinz.
Unglaubliche Felsformationen in allen möglichen Farben und wirklich extrem leckerer Wein.
Nach 3 Wochen Argentinien-Kennenlernen ist meine Familie wieder ins kalte Deutschland (naja, nun ja auch nicht mehr) aufgebrochen.

Damit sage ich chau und entschuldige mich mit diesem Bericht dafür, dass ich so lange nichts von mir habe hören lassen.
Machts Gut!


 

Iguazu

Glaciar Perito Moreno

Perito Moreno von dem Berg Cerro de los Diamantes aus

Felsformation Amphitheater

bunte Berge in Salta

Beim Radio-Workshop "en aire"

Jungs aus dem Projekt an den Reglern

Mittwoch, 16. Januar 2013

Erst die Sonne

Erst die Sonne.
Dann Hitze.

Glühende Strahlen vom Himmel, die auf der Haut brennen, wie ein heißes Eisen.
Die ganze Stadt glüht wie ein Hochofen.
Porteños, die vor ihren Häusern und Geschäften sitzen und Terere trinken, als wäre es das einzige, was Linderung verschaffen könnte.
Der ständige Ausruf „Ai, que calor!“.
Braun- und rotgebrannte Haut.
Immer spärlicher werdende Kleidung der Frauen.
Nachts kühlt es kaum ab.
Die Hitze staut sich in der Stadt wie in einem Treibhaus.
Kein Lüftchen weht.
Tagelang.
Und Irgendwann
Ein Windstoß.
Ein laues Lüftchen, wie die Berührung einer Feder, das die von Schweißperlen übersäte Haut einen Moment aufatmen lässt.
Vorbei.
Wie schön etwas so Kleines doch sein kann.

Dann
Helle Wolkenfetzen ziehen über den vorher so elendig blauen Himmel.
Doch dabei
Schwüle.
Eine Luftfeuchtigkeit , die noch unerträglicher ist, als die Hitze vorher.
Schatten bringt keine Besserung.
Die Hitze kommt nun nicht mehr von Oben sondern von den Hauswänden uns Straßen.
Die Stadt scheint zu dampfen.
Und endlich

Wind.
Er fegt durch die Bäume und lässt die Blätter erzittern.
Kräftiger Wind.
Dennoch bleibt die Schwüle.
Wolken.
Man schaut in den Himmel und sieht sie heranziehen.
Voller Vorfreude.

Dunkle Wolken.

Sie schieben die weißen weg.
Wie ein vorrückendes Heer auf dem Schlachtfeld.
Das Licht wird schwächer.
Und schwächer.
Dämmerung zur Mittagszeit.
Jeden Moment kann die Schlacht losbrechen.

Bedrohlich.
Langsam.
Stetig.


Und dann…
Fängt es an.
Erst drei Tropfen, dann sind die Schleusen völlig geöffnet.
Die Regentropfen stürzen sich aus den Wolken wie abermillionen Fallschirmspringer aus Flugzeugen.

Aber ohne Fallschirm.
Ihr Sterben versprüht einen langersehnten Geruch in der Stadt.
Regen auf Asphalt.

Endlich…

Kalt.

Mittwoch, 9. Januar 2013

Urlaubsbericht

Da wir als Freiwillige nicht das ganze Jahr durcharbeiten können und zum kulturellen Austausch auch dazugehört, das Land kennen zu lernen, haben die Freiwilligen natürlich auch Urlaub. In den letzten zwei Wochen bin ich diesen dann mal angetreten. Ich bin mit meinen beiden Mitbewohnerinnen und Nico quer durch den Kontinent gereist. Von Buenos Aires gings los über Cordoba nach Mina Clavero. Dort waren wir über Weihnachten. Zwischenstop in Nono, weiter nach Merlo. Von Mendoza gings dann nach Chile, Valparaiso für Silvester. Auf der Rückreise haben wir noch einen Zwischenstopp in Santiago de Chile gemacht und sind dann fast 24 Stunden zurückgefahren.

Wenn ich euch einen Bericht über diese Reise geben würde, würde das ebensolange wie der Urlaub dauern. Deswegen werde ich einfach ein kleines Bilderalbum erstellen. Leider steig ich hier bei Blogger noch nicht so ganz durch, weswegen ich nicht weiß, wie man ein Bilderalbum erstellt. Also sind die Bilder einfach so und ohne irgendwelchen Schnickschnack hier aufgeführt.
Viel Spaß


 


















Donnerstag, 6. Dezember 2012

Weltuntergangsfeeling


In Buenos Aires gibt es drei verschiedene Arten von Wetterlagen: Sahara-Wüsten-Sonnen-Hitze, Iguazu-Wasserfall-artiger Regen oder Tage an denen beides nacheinander oder auch gleichzeitig auftritt. Aber Tage, an denen nur ein bisschen die Sonne scheint gibt es nicht. Wenn sie nicht scheint, ist es schwül und wenn sie scheint ist es erdrückend heiß. Auch gibt es keine Tage, an denen es nur ein bisschen regnet. Wenn es regnet fallen gleich Sturzbäche vom Himmel.
Und so einen Tag hatte ich heute.

Schon seit dem Morgen regnet es fast ununterbrochen. Mal mehr, mal weniger, meistens aber mehr.
Im Bus ist es verdammt heiß, aber man kann die Fenster nicht öffnen, weil man sonst geduscht wird. Dabei donnert es hin und wieder. Mit dem Donner verhält es sich ungefähr wie mit dem Regen. Entweder es gibt keinen Donner oder er ist dermaßen laut, dass man fast vom Stuhl hüpft. Außerdem ist es nicht wie in Deutschland ein Schlag und gut und dass dann auch nur ein paar Nächte im Hochsommer. Hier donnert es mindestens einmal die Woche. Und der Donner rollt an und wieder weg. Wie ein Rennauto. Er ist leise wie ein knurrender Hund, wird lauter, haut dich dann in seiner ohrenbetäubenden Lautstärke vom ebenerwähnten Stuhl und verzieht sich dann wieder, aber schimpft dabei immer noch weiter, wie ein unzufriedener Lehrer.
Pft…und ich hatte in meiner Kindheit oben im Dachgeschoss Angst wenn es gedonnert hat. Was hätte ich denn dann hier gemacht? Sterben? Naja, zurück zum Weltuntergang.
Im Projekt bekommt man dann nach einer Eingewöhnungszeit nicht mehr viel vom Regen mit.
Klar, es tropft durch die Decke und man muss aufpassen, nicht gegen einen der vielen Eimer und Töpfe zu stoßen, die das schlimmste Wasser auffangen.
Klar, es ist im Projekt dunkler, weil draußen fast alles Licht von den Wolken verschluckt wird wie Jona vom Wal.
Aber an all das kann man sich gewöhnen.
Heute allerdings sitze ich gerade mit Magali und Micaela beim Phase 10 spielen und plötzlich springen die beiden auf und laufen in den Hauptraum. Ich drehe mich um, um zu sehen, was denn nun um Gottes Willen wieder passiert ist und traue meinen Augen kaum. Der große Raum ist überflutet und sechs Kinder springen vergnügt darin herum und versuchen irgendwie das Wasser wieder nach draußen zu bekommen. Das ist natürlich vergebens.
Plötzlich denke ich nur noch „Nein, lasst das!“, doch zu spät. Die Kinder haben in der Hoffnung dass das Wasser so schneller abfließt die rechteckigen Deckel aus dem Boden geholt, unter denen einige Abwasser laufen. Aus den Abflüssen, die natürlich auch schon voll sind, kommt braunes Wasser in Zimmer und auf den weißen Fliesen sieht man nur allzu deutlich Dreckklumpen, tote Insekten und andere Dinge, die man nicht bestimmen kann und es wahrscheinlich auch gar nicht will.
Alle Kinder wurden an einen nur von oben nässenden Ort verbannt und ich hatte die Aufgabe, Saft und Kekse aus der Küche zu holen, wofür ich meine Schuhe ausgezogen habe und mit einigem Ekel durch die Brühe geschliddert bin.
Aus der Dusche kam, wie aus allen anderen Hähnen auch kein Wasser, also bin ich so wieder in meine Schuhe, die ich auch hätte anlassen können.
Auf dem Heimweg muss ich durch große Pfützen waten und mein Versuch meine Schuhe sauber zu halten ist nun endgültig missglückt.
Doch so viel Wasser schon in der Villa ohne Gullis und nur mit Abwassergräben, durch die nichts laufen kann steht, das ist nichts gegen die Orte mit befestigten Straßen. Auf der Heimfahrt zeigt sich, wie schnell ein so gigantisches System einer Stadt zusammenbrechen kann.
Ganze Straßenzüge sind einfach nicht zu sehen, es muss unglaublich viel Wasser in die Häuser fließen. Ich fühle mich wie in einer der Nachrichten mit z.B. Tom Buhro oder einem anderen Reporter der Tagesschau. Auf der durch die Stadt laufenden Autobahn steht es schlicht und einfach. Als wir die Unterführung der Autobahn erreichen verschwindet das Bild der Tagesschau und ich fühle mich mehr und mehr wie in einem Naturkatastrophenfilm. Die Unterführung, die hier einfach nur eine Kuhle unter dem Damm der Autobahn darstellt, ist voller Wasser. Wie tief es ist, zeigt sich erst, als wir es endlich schaffen auf der verstopften Straße durch dieses Wasserloch zu fahren. Zwei Autos haben es nicht durch die Wassermassen geschafft und stehen, vollbeladen mit Menschen, bis über die Räder im Wasser. Auch ein Bus und ein Tanklaster stehen davor und dahinter und scheinen offensichtlich kaputt zu sein. Der durch den einzigen Schmalen „beschwimmbaren“ Streifen entstehende Stau trägt natürlich nicht zur Entspannung der Lage bei. Motorradfahrer fahren über die - von auf die im Stau stehenden Busse wartenden Menschen verstopften - Bürgersteige und erhöhen so die Unfallrate mit Sicherheit. Und sollte es zu einem Unfall kommen, hätten die Beteiligten keine Chance auf schnelle Hilfe, da die Krankenwagen eben auch im Stau stecken, wie ich gesehen habe.
Obwohl es hier bestimmt hin und wieder mal so stark regnet, ist diese Stadt erstaunlich schlecht auf diese Situation vorbereitet. Alles bricht zusammen. Die Züge fahren auch seltener und die U-Bahnen laufen ebenso schnell voll mit Wasser, wie die Unterführungen. Also wollen alle Menschen mit dem Bus fahren. Aber das bewältigen selbst die 326 Buslinien (ich habe gezählt), von denen es sogar jeweils noch a,b und c gibt, nicht.
Soweit, so gut, an anderen Tagen läuft alles wie am Schnürchen.

 

Jetzt noch einige Eindrücke, die ich gesammelt habe und mir bei jedem einzelnen in den Hintern getreten habe, warum ich meine Kamera nicht dabei gehabt habe.

 
Es sind tatsächlich einige Unfälle passiert, Autos stehen falschherum auf der Straße. Wie um mein Chaosbild noch zu unterstreichen, sehe ich einen abgesoffenen Krankenwagen, der schon lange nicht mehr blinkt, mitten in einer Straße stehen, aber bis knapp zur Hälfte unter Wasser.

Hunde die durch die Straßen schwimmen.

Wasser, was weit über den Türschwellen der Häuser steht und deren Besitzer sich mit den Nachbarn im Wasser schwatzend unterhalten als wären ihre Hosen nicht bis zu den Knien unter Wasser.

Ein Kanu mit 4 offensichtlich quietschvergnügten Geschwistern drin, die auf der Parallelstraße schwimmen auf der vor kurzem noch Autos gefahren sind.

Ein Fahrradfahrer, bei dessen Transportmittel nur noch Lenker und Sattel aus dem Wasser schauen.

Man erkennt die Straßen nur noch daran, dass neben/in den Flüssen Häuser stehen.

Die Häuser der Villa, die am großen (mittlerweile reißenden) Fluss liegt, sind komischerweise nicht überflutet. Entweder, das Wasser hat sie noch nicht erreicht oder (was ich für wahrscheinlicher halte) es ist schon wieder abgeflossen.

Ach, schau mal, da schwimmt eine ganze Tanne den Fluss runter.

Sonntag, 18. November 2012

Mal wieder was neues

Ja, ich lebe noch und es geht mir noch gut. Ich schreibe so selten, weil ich mittlerweile echt im Alltag angekommen bin. Deswegen gibt es nicht viele Neuigkeiten. Ich versuche dennoch, ab und zu mal was zu schreiben. Ihr sollt ja nicht denken, ich sei tot.

Im Projekt ist eignetlich alles beim Alten. Ich verbessere mein Spanisch mit jedem Tag und kann mich immer besser mit den Mitarbeitern unterhalten. Schön ist, dass wir momentan viele Ausflüge mit dem Projekt machen. Wir waren in der Fabrik von Kraft Foods und konnten die ganzen Kekse sehen, wie sie auf Laufbändern durch die Hallen gefahren sind. Ein anderes Mal waren wir in Suarez bei der Schule Concordia, die unser Projekt zum Tag des Kindes besucht hat.
Wenn wir gerade nicht auf einem Ausflug sind, helfe ich im Projekt wo ich kann oder Lust habe. Dort sind einige Tage nicht so spannend aber an anderen hatte ich schon super schöne Erlebnisse mit den Kindern.

An einem Tag war Marcelina nicht da, die normalerweise die Kleinen betreut. Sebastian war trotzdem gekommen, weil er irgendwie nicht daheim bleiben konnte. Also haben Maibrit und ich ihn bespaßt. Wir haben ihn gekitzelt, Karussell artig an den Händen im Kreis geschleudert, Hoppehoppereiter auf dem Rücken und Schubkarre gespielt.
Seba war sonst einer der nervigen Kinder, die nicht hören und viel Scheiße bauen. Aber wir haben das Gefühl, dass er uns seit dem Tag irgendwie mag.
An einem anderen Tag kam Nora später und ich habe mit Luana während gebacken wurde rumgealbert. Luana ist die Kleinste, zumindest glaube ich das. Dann hat sie ihre Hände gewaschen und dann das Handtrockenpapier zu einer Kugel geformt und mit zu geworfen. Ich habe gefangen und zurückgeworfen. Da habe ich gemerkt, dass sie kaum fangen kann. Sie hat ihre Hände vor ihr Gesicht gehalten und meistens auch noch die Augen geschlossen. Ich habe ihr gesagt, dass sie die Hände mal so halten solle, als würde sie klatschen, also die Handinnenflächen zueinander. Und dass sie die Augen auf lassen soll. Und dann hats geklappt. Wir haben ganz lange in der Küche gestanden und uns diesen Ball zugeworfen. Und sie hat sich so tierisch gefreut! Das war richtig schön. Dann hat sie sich zu mir gekuschelt, weil sie müde war und wir haben darauf gewartet, dass der Ofen fertig ist. Seitdem kommt sie immer wenn sie mich sieht auf mich zu und ruft Franziiii!

Weiterhin lerne ich im Projekt jeden Tag neue Wörter. Ich weiß nicht, was etwas heißt, frage nach, und kann es mir dann meistens super gut merken. Das ist einfach das angewandte. Seitdem ich Matías, dem einen Betreuer, das erzählt habe, fragt er mich manchmal ab, oder fragt mich, was für Wörter ich heute gelernt habe.

Mit dem Radio-Taller bin ich an einem Freitag zu Alfredo gefahren und Eduardo und Joaquin, zwei Chicos aus dem Projekt sind mitgekommen. Wir haben ein paar Sachen im Radio gesagt. Faszinierend war es, als Joaquin sein Handy rausgeholt hat und Radio angemacht hat und wir uns so beim sprechen im Radio hören konnten. Das war total super.

Letztes Wochenende waren wir auf unserem ersten Tagesausflug nach San Antonio de Areco. Das ist 3 Stunden mit dem Bus von hier und ist eine Kleinstadt. Dort gibt es jedes Jahr im November ein Gaucho Fest. Gauchos sind sozusagen die argentinischen Cowboys. Es gab einen Umzug wo jeder Gaucho der Gegend seine Herde vorgeführt hat und später gab es auf einer riesigen Wiese noch einige Spektakel. So viele Pferde habe ich noch nie auf einem Haufen gesehen. Um den runden Platz herum war einMarkt aufgebaut, wo allerhand Zeug für Pferde und die Gauchos verkauft wurde. Dort habe ich mein erstes argentinisches Paar Alpargatas erstanden. Das sind diese Stoffschuhe, die es auch in Deutschland seit einiger Zeit gibt.

So, das wars erst mal von meiner Seite. Ích hoffe, ihr habt euch keine Sorgen gemacht, wo ich stecke. Bis zum nächsten Mal.

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Regentraurigkeit


Wenn es regnet, denke ich an die Menschen in der Villa.
An die Häuser in den Armenvierteln. Wo die Menschen oft nur verrostetes Wellblech um sich herum haben. Und daran, wie diese Hütten am Rio stehen. Bald werden sie einen Zeh ins Wasser strecken, um die Temperatur zu fühlen, um dann bis zu den Knien hineinzuwaten. Das Wasser wird ins Haus laufen. Alles wird nass werden. Schon wieder. Immer wieder. Die Wäsche, die gerade im Rio gewaschen wurde und zum Trocknen auf der Leine hängt, gibt dem Fluss erneut die Hand. Auch wenn sie auf dem Dach aufgehängt wurde, wird sie vom Regen trotzdem wieder nass, so dass das Wasser aus den Stoffen rinnt, als würden sie bittere Tränen weinen.
Weinen um das Los der Menschen in diesen Häusern.
Weinen darum, dass die meist sowieso schon so gebeutelten und zerrütteten Familien, die ja schon genug Probleme haben, noch eine Schwierigkeit mehr zu bewältigen haben.
Aber das macht ja nichts. Das sind sie ja gewöhnt. Sie müssen ja sowieso im Winter frieren. Was macht es da schon aus, dass sie jetzt auch keine trockenen Füße und Kleider mehr haben?
Alles.
Im Leben dieser Menschen... Alles.
Es gibt berühmte, angesehene Menschen, die einmal gesagt haben: Das Glück eines Menschen hängt nicht davon ab, wie viel er besitzt, sondern davon, was er aus seinem Leben macht.
Aber wie kann ein Mensch in diesem Sinne Glück erlangen, wenn er nicht mal sicher trockenen Fußes durch sein Haus gehen kann? Wenn er ständig mit Krankheiten zu kämpfen hat, weil das Immunsystem von der harten Kälte im Winter und der unerbitterlich brennenden Sonne im Sommer so angegriffen ist, dass er sich so fühlen muss, als würde ihn der nächste Schnupfen kalt machen.
Und da sag jetzt noch einer, dass es im Leben dieses Menschen viel Glück geben kann.
Wie kann ein Mensch glücklich sein, wenn er ständig Sorge tragen muss, sich und seine Familie irgendwie zu ernähren? Ohne Arbeit und wenn es welche gibt, in den Countrys, bei den ganz Reichen, dann so, dass er den ganzen Tag für ein paar Pesos arbeitet und Abends so spät nach Hause kommt, dass die Kinder sich um sich selbst kümmern müssen.
Wie können die Kinder glücklich sein, wenn sie wissen, dass sie immer eine geringe Chance auf Arbeit haben werden, weil sie keine oder eine schlechte Schulbildung haben. Weil sich die Lehrer nicht dafür interessieren, wie weit die Schüler zurückhängen. Oder einfach, weil sie eben aus der Villa kommen.
Wenn es regnet und immer weiter regnet, so dass in Deutschland nur ein verärgerter Blick in den Himmel geworfen wird und die Tür zum warmen, sicheren Haus wieder geschlossen wird, dann denke ich an die Menschen in ihren Hütten.
Wie sie versuchen, einen Ausweg zu finden aus dieser kalten Nässe, die ihr Leben darstellt. Und ich denke an die Häuser, wie sie immer weiter ins Wasser waten und nicht stehenbleiben, nicht stehenbleiben dürfen, obwohl sie alle nicht schwimmen können.